Schreibimpulse

Herbststimmungen einfangen

Herbstlich gefärbte Blätter
Schreiben Sie ein Herbstgedicht: Bringen Sie die Eindrücke der herbstlichen Landschaft mit ihrer Buntheit und ihren goldenen Farben aufs Papier.

Poetischer Herbst

Der Herbst ist jene Jahreszeit, die besonders viele Dichter und Schriftsteller:innen inspiriert hat zu melancholischen ebenso wie zu überschwänglichen und schwärmerischen Gedichten.

Septembermorgen

Im Nebel ruhet noch die Welt,
noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
in warmem Golde fließen.

(Eduard Mörike, 1804-1875)

Heute lade ich Sie dazu ein, selbst ein Herbstgedicht zu schreiben. Die herbstliche Landschaft mit ihrer rasanten Veränderung, ihrer Buntheit, dem klaren Blau und den goldenen Farben macht es uns leicht, Eindrücke aufs Papier zu bringen.

Als ersten Schritt bzw. als Vorstufe zum Schreiben eines Gedichtes empfiehlt es sich, als Vorübung ein Freewriting zum Thema zu schreiben und/oder ein Cluster anzulegen. In den so entstandenen Texten unterstreichen Sie dann wichtige oder intuitiv ins Auge springende Wörter und „basteln“ aus diesen schlussendlich das Gedicht. Hier zwei mögliche Formen:

Das Haiku

In der japanischen Tradition gibt es eine Gedichtform, die sich vorrangig mit Naturerscheinungen beschäftigt. Ideal also für ein Herbstgedicht! Diese Form heißt „Haiku“ und besteht im Japanischen aus drei Wortgruppen zu 5-7-5 Lauteinheiten. Im Deutschsprachigen wurde daraus ein Dreizeiler mit 5-7-5 Silben, also:

  • 1. Zeile: 5 Silben
  • 2. Zeile: 7 Silben
  • 3. Zeile: 5 Silben

Ein Haiku ist immer eine Momentaufnahme. Ein Geschehen/eine Landschaft wird genau beobachtet, eine Stimmung zum Ausdruck gebracht. Es wird nicht alles gesagt, Gefühle meist nicht direkt angesprochen. Die dritte Zeile enthält oft eine Pointe, eine überraschende Wendung oder eine philosophische Anspielung.

Ein Beispiel aus Japan:

Morgennebeldunst –
Wie ein hingemalter Traum
geht ein Mensch vorbei.
(Yosa Buson, 18. Jh.)


Das Elfchen

Wer nicht Silben zählen will, schreibt vielleicht lieber ein „Elfchen“. Dabei muss man/frau zumindest nur die Wörter zählen. Ein Elfchen besteht nämlich aus elf Wörtern in folgender Anordnung:

  • 1. Zeile: 1 Wort
  • 2. Zeile: 2 Wörter
  • 3. Zeile: 3 Wörter
  • 4. Zeile: 4 Wörter
  • 5. Zeile: 1 Wort

Hier zwei Beispiele aus meinen Herbst-Tagebüchern:

Wandel.
Der Glanz
der vergangenen Tage
erstrahlt in neuem Licht.
Veränderung.

Friedlich
liegt die
Stadt vor mir.
Nebelfetzen über den Dächern.
Spätherbst.

Ein Elfchen muss keine großen Einsichten enthalten. In der abschließenden Zeile kann aber wie im Haiku ebenfalls ein Aha-Erlebnis, eine Erkenntnis oder eine „Zusammenfassung“ der bisherigen Gedanken stehen.

Diese lyrischen Kurzformen machen Spaß, gehen schnell und – nach ein bisschen Übung – meist leicht von der Hand.
Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen und viel Freude mit Haiku und Elfchen!

Einen herbstlich bunten Blätterstrauß sendet
Alexandra Peischer / schreib.raum

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