Angeregt vom Herbst wollen wir heute schreibend über unsere persönliche Ernte nachdenken. Wir sammeln unsere Schätze ein und feiern Erntedank.
„Mein Herz steht bis zum Hals in gelbem Erntelicht wie unter Sommerhimmeln schnittbereites Land.“
So beschreibt der Lyriker Ernst Stadler1 diese besondere Zeit, die uns jedes Jahr aufs Neue mit ihrem Reichtum beschenkt. Die Früchte der Erde und die leuchtenden Farben der Natur erfreuen unsere Sinne, nähren Körper und Seele.
Der Kreislauf der Natur, der das ermöglicht, findet sich in ähnlicher Weise auch im menschlichen Leben: Wir säen, gießen und jäten Ideen, Projekte, Freundschaften, Liebe und vieles mehr. Wir pflegen die zarten Pflänzchen, freuen uns über die ersten Blüten und dürfen – wenn alles gut geht – irgendwann die Früchte unseres Handelns ernten. All das passiert laufend, im beruflichen Tun genauso wie im privaten.
Der Herbst bietet eine gute Gelegenheit, uns diesen Kreislauf bewusst zu machen.
Nehmen wir das Aufgehen unserer Saat als selbstverständlich? Meist sind wir nicht alleine dafür verantwortlich, es bedarf noch einiger „Zutaten“ von außen: günstiges Klima oder passende Rahmenbedingungen, genügend Sonne und Wasser oder besondere Achtsamkeit. Letztlich brauchen wir auch den Schutz durch eine höhere Macht – wie immer Sie diese nennen. Wir können nicht davon ausgehen, dass auf Saat automatisch Ernte folgt.
Umso mehr dürfen wir uns darüber freuen, wenn es dennoch geschieht. Wir dürfen die Früchte ernten, dankbar sein, sie genießen, um dann weiterzugehen und sie wieder loszulassen, damit Neues entstehen und wachsen kann.
Mein Schreib-Impuls lädt Sie heute dazu ein, sich vom Herbst anregen zu lassen und über Ihre persönliche Ernte nachzudenken.
Ernte-Cluster
Beginnen Sie mit einem Clustering zum Begriff Ernte. Was fällt Ihnen dazu ein, welche Assoziationen tauchen auf?
Vielleicht führen Ihre Gedanken Sie dabei eher in die Natur, in die Landwirtschaft, vielleicht aber auch schon im übertragenen Sinne zu den Früchten Ihrer persönlichen Bemühungen oder Leistungen. Wie immer beim kreativen Schreiben ist auch beim Clustering alles erlaubt, selbst wenn Sie ganz woanders landen. Lassen Sie sich von Ihrer Intuition tragen.
Nach etwa 15 Minuten beenden Sie dieses Sammeln und lassen das so entstandene Gedankennetz auf sich wirken.
Welches Wort springt Sie an? Welcher Begriff, welche Assoziationskette hat die meiste Leuchtkraft?
Damit beginnen Sie nun zu schreiben. Ob an diesem Punkt reflexives Schreiben folgt (im Sinne eines schriftlichen Nachdenkens) oder eine andere Textform (Geschichte, Gedicht, Brief…) entsteht, ist ganz Ihrer Stimmung und Schaffensfreude überlassen!
Für diejenigen, die noch weiter schreiben möchten, hier ein zweiter Impuls:
Persönlicher Erntedank
Ausgangspunkt ist das Gedicht „Spätsommer“ von Otto Julius Bierbaum (1865-1910):
Wenn das Gras der grünen Wiesen zeitig ist zur großen Mahd, wenn der Sommer seine Sense singen lässt durch reife Saat:
Dann soll deine Seele Sonne, Kraft und Frucht und Ernte sein: Schneide ruhig deine Ähren, führe deine Garben ein!
Was löst das Gedicht in Ihnen aus? Woran erinnert es Sie, welche Bilder kommen?
Überlegen Sie schriftlich:
Wenn Sie das bisherige Jahr betrachten, wo und was können Sie von Ihrem Tun bereits ernten?
Welche Ideen haben Früchte getragen?
Welche Samen, die Sie zu Beginn des Jahres gesetzt haben, sind aufgegangen?
Gibt es Früchte, die noch nicht voll ausgereift sind, die vielleicht noch Zeit brauchen, um zu ihrer vollen Größe und Entfaltung zu reifen?
Über welche Früchte freuen Sie sich besonders? Worauf sind Sie stolz?
Was hat besonders viel Pflege und Dünger gebraucht, um gut zu wachsen?
Was ging leicht, wie von selbst, ohne jede Anstrengung und Verbissenheit? Fühlen sich diese Früchte anders an als diejenigen, die Sie mit viel Mühe und Ehrgeiz erreicht haben?
Setzen Sie sich für diese Reflexion für etwa 20-30 Minuten an einen ruhigen Ort – vielleicht sogar in die Natur, unter einen Kastanien- oder Apfelbaum?
Atmen Sie die frische Herbstluft ein und denken Sie in aller Ruhe über diese Fragen nach. Schreiben Sie dabei alles auf, was Ihnen in den Sinn kommt und was aus Ihrem Inneren aufs Papier will.
Am Ende können Sie das Geschriebene noch einmal durchlesen und die Essenz daraus formulieren. Vielleicht möchten Sie die wichtigsten Früchte, jene Garben, die Sie bereits einbringen konnten, noch einmal in einer Liste untereinander schreiben, sodass Sie gut sichtbar werden. Und dann: Erfreuen Sie sich daran!
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Betrachten und Genießen Ihrer Ernte und auch sonst noch einen golden-leuchtenden Herbst!
Mit herbstlich dankbaren Grüßen, Alexandra Peischer / schreib.raum
(1) Ernst Stadler (1920): Der Aufbruch. Gedichte. 2. Aufl., München: Kurt Wolff, S. 29
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Alexandra Peischer
Ich liebe es, Menschen auf ihrem Weg zu begleiten, egal ob beim Schreiben, im Coaching oder beim Yoga. Vielleicht darf ich auch Sie begleiten oder inspirieren?
Ich freue mich darauf!
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